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Wie unterstütze ich die sprachliche Entwicklung meines Kindes?

Immer wieder fragen Eltern sich, was sie zur guten Entwicklung des Sprachverständnisses und der aktiven Sprache ihres Kleinkindes beitragen können.

Lernen die Babys und Kleinkinder nicht automatisch – wie von selbst – irgendwie sprechen? Ja! Das Lernen geht im besten Falle „wie von selbst“, und gleichzeitig gibt es einiges, was Eltern zum guten Gelingen beitragen können.

Nach der Geburt, während der ersten Lebensmonate, geht es erst einmal darum, sich kennenzulernen.

Für Sie als Eltern bedeutet dies, dass Sie die Phantasien und Bilder, die Sie während der Schwangerschaft zu Ihrem Baby entwickelt haben, nun mit Ihrem realen Baby in Einklang bringen müssen.

Wie temperamentvoll ist mein Baby? Was mag es? Was mag es nicht? Wann hat es Hunger? Wann ist es müde? Wann möchte es liebevolle Aufmerksamkeit?

Ihr Baby möchte auch Sie kennenlernen. Ideal ist es, wenn Sie sich im Abstand von 25 cm nähern. Wohlklingende Töne wird Ihr Baby aufmerksam aufnehmen und sofort versuchen, Ihnen zu „antworten“. Geben Sie den Ton dann wieder zurück. „Ooooh“, so entsteht ein „Gespräch“ ohne sinnvolle Worte, aber von hoher gefühlsmäßiger Intensität. Dieser Kontakt ist aufregend für Ihr Baby. Wenn es genug hat, wendet es den Kopf oder den Blick ab. Das kann bereits nach einer halben Minute sein! Wenn Ihr Baby wieder aufnahmebereit für einen Dialog ist, wendet es den Kopf wieder zu Ihnen und geht auf Ihre „lockenden“ Angebote ein.

Diese frühen Interaktionen legen das Fundament dafür, wie der spätere Erwachsene die Welt empfindet. Ist die Welt freundlich und einfühlsam oder eher abweisend und weniger einschätzbar?

Vertrauen Sie Ihrer Stimme und singen Sie. Ihr Baby wird Ihre Töne mögen!

Bereits dieser frühe Austausch über Töne ist die Basis der Sprachentwicklung, stärkt das Vertrauen in die Welt und macht Lust auf Weiterentwicklung.

Wenn Sie Ihr Baby mit freundlichem Gesicht anschauen, heißt das für Ihr Baby „Ich bin okay“, „Ich bin interessant“. Das stärkt die gefühlsmäßige Bindung. Ihr Baby braucht die Nähe zu Ihnen, um sich nicht alleine zu fühlen. Sonst entstehen Zorn, Verzweiflung und Geschrei.

Auch die Unlustäußerungen Ihres Babys werden im besten Falle von Ihnen automatisch intuitiv gespiegelt. Das heißt nicht, dass Sie zu schreien beginnen, sondern dass Sie mit Hilfe Ihrer Stimmlage dem Baby zeigen, dass Sie seine Stimmung wahrnehmen und Sie die Stimmung, also z. B. seinen Zorn „aushalten“ können, indem Sie Ihr Baby tröstend aufnehmen, die Flasche machen etc. Damit geben Sie Sicherheit. Ihr Baby erlebt, dass seine Gefühle verstanden werden und seine Gefühle sich verändern können. Eine schmerzhafte Körperwahrnehmung wie Hunger wird z. B. umgewandelt in eine wohltuende zufriedene Sättigung. Aufregung wandelt sich in Zufriedenheit. Sie als Eltern lernen, wie Sie die Signale Ihres Babys lesen und beantworten können.

Zum konkreten Benennen der Blickrichtung und des Interesses des Babys kommt das Benennen der konkreten Aktionen und der Gefühle hinzu.

  • „Ah, jetzt willst du dich vom Rücken auf den Bauch drehen.“
  • „Oh, du streckst dein Ärmchen in Richtung des Balles. Hm, ob du da jetzt wohl hinkommst?“
  • „Oh, jetzt bist du enttäuscht, dass du es noch nicht geschafft hast.“
  • „Jetzt strahlst du, du freust dich, du hast es geschafft.“

Drücken Sie in Tonfall und Mimik Bestätigung und Zustimmung aus. Ihr Baby fühlt sich dadurch wichtig, wahrgenommen und verstanden. Meist entsteht dabei auch Blickkontakt.

Die Spielsequenzen sind noch kurz, werden aber länger, weil das Baby sich zunehmend länger konzentrieren kann (1-2 Minuten). Durch positive Begegnung kommt Ihr Baby in Entwicklungsstimmung. Es bekommt Lust auf das Leben, auf das Kennenlernen der Welt.

Auch beim Wickeln lässt sich entwicklungsunterstützendes Verhalten gut ausprobieren. Sie als Mutter begleiten Ihr eigenes Tun mit Worten. „So, jetzt leg ich dich zum Wickeln hin.“ Danach oder während der Worte legen Sie Ihr Baby erst ab. Sie suchen den Blick Ihres Babys, schauen freundlich und warten, dass Ihr Baby zurückguckt. Sie warten auf die Reaktion. Dann kündigen Sie Ihre nächste Handlung an.

„Jetzt ziehe ich dir die Hose aus. Ich heb deinen Po ein bisschen hoch“. Dabei bleiben Sie immer wieder im Blickkontakt mit Ihrem Kind. Selbst wenn Sie kurz wegschauen, gehen Sie danach wieder in Blickkontakt mit Ihrem Kind.

So kann das Wickeln Schritt für Schritt zu einer schönen beziehungsfördernden Situation werden, in der der sprachliche Austausch – das Benennen der Handlungen, die ausgeführt werden – eine große Rolle spielt. Auch der Abschluss des Wickelns wird benannt: „So, jetzt sind wir fertig.“ Dadurch erlebt Ihr Baby Struktur und Sicherheit.

Natürlich können Sie nicht dauernd mit Ihrem Baby sprechen. Stellen Sie sich deshalb selbst kleine Aufgaben.

Z. B.: Ich nehme mir vor, beim Wickeln mit meinem Baby zu sprechen. Ich nehme mir vor, beim Anziehen mit meinem Baby zu sprechen. Wählen Sie zweimal am Tag eine kleine Spielsequenz von je 10 Minuten aus und benennen Sie die Impulse Ihres Kindes. Unterstützen Sie seine Initiativen und benennen Sie seine Handlungen.

Später, ungefähr ab 12 Lebensmonaten, kommen erste Bilderbücher zum Tragen. Schön sind Bücher, die nur einen Gegenstand pro Seite abbilden. Am besten Gegenstände aus dem Alltag Ihres Babys, wie ein Ball, ein Auto, ein Löffel, eine Banane. Wenn mehrere Gegenstände auf einer Seite abgebildet sind, fällt es dem Kleinkind oft noch schwer, die einzelnen Gegenstände zu erkennen. Es reagiert schneller mit Quengeln. Eine Möglichkeit, ein Bilderbuch anzugucken ist z. B., dem Kind einen realen Ball zu zeigen und dann das Bild in dem Buch. Eine andere Möglichkeit ist es, mit dem Kind das Buch anzuschauen, den Ball zu benennen und einen Satz zu bilden, wie „Das ist ein Ball, den kannst du rollen“. Damit verbindet das Kind die Gegenstände bereits mit den Aktivitäten, die es damit tun kann. Wichtig sind immer kurze und klare Sätze.

Bis mindestens zur Hälfte des 2. Lebensjahres (18 Monate) möchten fast alle Kleinkinder im gleichen Raum mit Ihnen sein. Sie brauchen Ihre konkrete, sichtbare Anwesenheit, um sich selbst sicher zu fühlen. Damit Ihr Kleinkind sich alleine spielerisch beschäftigt und Sie z. B. kochen können, ist es hilfreich, wenn Sie mit Ihrem Baby sprechen und eine kommunikative Brücke – eine Brücke über die Sprache – herstellen. Das Kind fühlt sich dann über die Sprache mit Ihnen verbunden und kann leichter akzeptieren, dass Sie gerade Ihre eigenen Aktionen vollziehen und sich gerade nicht mit ihm beschäftigen. Sie benennen dabei Ihre eigenen Handlungen und die Ihres Kindes. Sie informieren Ihr Kind z. B.: „Ich wasche jetzt ab und wenn ich fertig bin, spiele ich wieder mit dir. Schau, jetzt lasse ich das Wasser ein und du versuchst gerade, die Schublade aufzuziehen…“ Bei dieser Art von Kommunikation ist Ihr Kind einbezogen. Es fühlt sich wahrgenommen, wichtig und bestärkt. Für Ihr Kind ist es dann leichter, sich in dieser Zeit alleine zu beschäftigen.

Die Sprache schafft eine Brücke, eine Verbindung zwischen Ihnen und Ihrem Kind.

Durch das Betonen der guten Momente im Alltag mit einem Kleinkind lernen die Kinder Vertrauen in ihre eigenen Aktivitäten und Initiativen zu fassen. Dadurch geben wir ihnen viel Gutes, u.a. auch Sprache, ganz selbstverständlich mit. Wichtig dabei ist die Verhältnismäßigkeit zwischen Anerkennung und tatsächlichem kindlichen „Fortschritt“ (bitte kein übertriebenes Loben!).

 

Für Peter Pelikan e.V. schrieb: Sabine Pommer, Diplom-Psychologin.

 

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