So neu der Begriff „Familienbett“ ist, so alt ist dessen Bedeutung, nämlich dass die ganze Familie gemeinsam beieinander schläft. In fast allen Ländern und Kulturen der Welt ist dies immer noch eine Selbstverständlichkeit, jedoch nicht in der modernen westlichen Welt. Immer noch wird von Eltern befürchtet, dass Babys und Kinder dadurch zu verwöhnt oder nicht selbstständig werden. Mittlerweile hören Eltern jedoch auch in unseren Breitengraden immer mehr auf ihr eigenes Gefühl bzw. lassen sich nicht beirren, dem natürlichen Drang nach nächtlicher Gemeinsamkeit nachzugeben.
Der gemeinsame Schlaf ist von der Natur vorgesehen
Für alle Mütter unter den Säugetieren ist es vollkommen normal und natürlich, ganz eng an ihre Jungtiere gekuschelt zu schlafen. Ganz instinktiv wissen sie, dass dies Wärme, Nähe, Schutz und Geborgenheit gibt und für ein Junges unabdingbar ist. Kein Säugetier würde auf die Idee kommen, zwei Nester zu bauen – eines für sich selbst und eines für die Jungtiere. Wir Menschen machen hier eine Ausnahme, aber warum? Bei jedem Baby ist das Bedürfnis nach Schutz und Nähe angelegt, instinktiv fühlen sich Babys alleine und unsicher, wenn sie nicht die Nähe der schützenden Bezugsperson neben sich spüren. Ein Grund dafür ist auch, dass menschliche Babys im Vergleich zu anderen Säuge-Lebewesen zu früh geboren werden und in jeder Hinsicht auf eine Bezugsperson angewiesen sind: jemanden, der es warmhält, füttert und beschützt. Niemand kann schlafen ohne sich wohl und sicher zu fühlen und somit ist Geborgenheit das Wichtigste, damit ein Baby und Kleinkind einschlafen kann. Und was kann mehr Geborgenheit geben, als einen Menschen neben sich zu spüren, den man liebt?
Anders als oftmals angenommen müssen Babys schlafen nicht lernen. Sie können es von Beginn an, wenn sie satt sind und Nähe und Geborgenheit spüren. Und sie schlafen zu Beginn auch noch nicht durch. Es ist völlig normal, dass sie nachts mehrfach wach werden, um Nahrung zu sich zu nehmen oder einfach um sich zu vergewissern, dass die schützende Bezugsperson noch anwesend ist.
Die Vorteile des Familienbettes:
Das gemeinsame Schlafen in einem Bett oder in einem Zimmer bietet viele Vorteile sowohl für Kinder als auch für Eltern.
- Das Stillen während der Nacht wird erleichtert – Mütter müssen nicht aufstehen, wenn das Baby sich rührt, sondern können das Kind im Halbschlaf anlegen und danach weiterschlafen. Die Zeiten unterbrochener Nachtruhe sind somit weniger anstrengend für die Mutter.
- Babys im Familienbett wachen zwar öfter auf, tauchen aber viel schneller wieder in den Schlaf zurück. Sie spüren und hören die Nähe der Bezugsperson, vergewissern sich, dass alles in Ordnung ist und schlafen von alleine wieder weiter. Über die Nacht gerechnet sind diese Babys kürzer wach und schreien weniger.
- Eltern können schneller auf die Bedürf- nisse der Kinder reagieren, vor allem, wenn diese zum Beispiel krank sind.
- Die unausgereifte Atmung des Babys kann in den ersten Wochen immer wieder für kurze Zeit aussetzen. Atemgeräusche der Mutter stimulieren die kindliche Atmung, so dass das Baby ständig an das Atmen „erinnert“ wird. Die unmittel- bare Nähe der Mutter lässt diese sofort spüren, wenn die Atmung des Babys unregelmäßig ist. Sie kann das Kind sofort aufwecken oder hochnehmen.
Studien zeigten, dass sich Mutter und Kind auch bei der Schlaftiefe abstimmen. Beide durchlaufen viele Schlafstadien im gleichen Takt, somit laufen neben der Gehirnaktivität auch Herzfrequenz, Muskelspannung und die Atmung synchron. Das bedeutet, dass die Schlaf- und Traumphasen zu einem großen Teil aufeinander abgestimmt sind und Mütter sehr viel seltener in der Phase des Tiefschlafs aufgeweckt werden.
Wissenschaftliche Studien haben zudem gezeigt, dass der gemeinsame Schlaf auch direkt körperliche Auswirkungen auf Eltern und Kind haben: gestillte Babys, die gemeinsam mit der Mutter in einem Bett schlafen, trinken doppelt so oft an der Brust und nehmen somit ein Drittel mehr an Kalorien zu sich. Vor allem auch bei zu früh geborenen Kindern ist dies ist nicht nur ein Vorteil im Hinblick auf die Ernährung, sondern auch für das Immunsystem. Die Nähe zur Mutter unterstützt auch andere wichtige Körperfunktionen wie einen stabileren Herzschlag und sie hilft, die Körperwärme besser zu halten. Dies ist wichtig, da Babys in den ersten Monaten noch keine ausgereifte Wärmeregulation haben. Mutter und Kind regulieren sich dabei gegenseitig.
Irrtümer
Immer wieder ist zu lesen oder zu hören, dass das Baby durch zu viel Nähe im Familienbett „verwöhnt“ wird und nie im eigenen Bett wird schlafen können. Dass diese Behauptung falsch ist, wurde mittlerweile vielfach belegt. Es gibt kein Zuviel an Geborgenheit und Nähe für ein Baby und es ist schlichtweg nicht möglich, es in dieser Hinsicht zu sehr zu verwöhnen. Der Wunsch des Kindes, irgendwann im eigenen Bett zu schlafen wird auch mit Familienbett vorhanden sein. Je mehr Geborgenheit ein Baby und Kleinkind beim Schlafen gemacht hat, desto selbstständiger und lieber wird es später im eigenen Bett schlafen. Ein weiterer Aspekt, der viele Eltern am Familienbett zweifeln lässt ist der, dass sie ihr Ehebett nicht mehr für sich alleine haben. Es fehlt ihnen der Ort für Zweisamkeit und irgendwann auch wieder für Sex. Aber das Ausleben der Sexualität ist nicht auf das Ehebett beschränkt. Der Phantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt.
Auf was Sie achten müssen
Um das gemeinsame Schlafen sicher und entspannt zu gestalten und Gefahren wie dem Erstickungstod oder dem plötzlichen Kindstod vorzubeugen, müssen im Familienbett einige Regeln eingehalten werden.
- Das Bett bzw. der Schlafplatz muss groß genug sein und die Matratze darf nicht weich sein. Auch Wasserbetten sind nichts für Säuglinge und für ein Familienbett ungeeignet.
- Das Baby sollte auf dem Rücken und im eigenen Schlafsack schlafen und der Raum sollte gut durchlüftet sein, um ein Überhitzen zu verhindern.
- Dicke Polster, Plüschtiere, Felle und dicke Daunendecken oder ähnliches müssen aus dem Bett entfernt werden. Es besteht Erstickungsgefahr.
- Haben die Eltern Drogen, Alkohol, starke Medikamente oder Nikotin konsumiert, sollte sie auf das Schlafen im gemeinsamen Bett verzichten.